Therapiemöglichkeiten der Bronchiolitis obliterans
Die eine ursächliche Therapie für Kinder und Jugendliche mit Bronchiolitis obliterans (BO) gibt es leider noch nicht.
Die Diagnose einer post-infektiösen Bronchiolitis obliterans (PiBO) ist relativ selten und es gibt keine allgemein gültigen Therapieempfehlungen. Die aktuellen Therapieoptionen entstammen vor allem aus Erfahrungen mit Patienten, die an einem Bronchiolitis obliterans Syndrom (BOS) nach einer Knochenmarks-, einer Stammzell- oder einer Lungentransplantation erkrankt sind. Der genaue Mechanismus, der zur Entstehung einer BO führt, ist noch nicht ausreichend erforscht. Obwohl der Prozess durch verschiedenste Ursachen (Viren, Bakterien) hervorgerufen werden kann, sind die Endstrecken der PiBO, des BOS aber auch der chronisch obstruktiven Lungenerkrankung (COPD) bei ehemaligen Frühgeborenen und somit auch deren Therapieansätze gleich.
Allerdings lassen sich die Therapieoptionen auch nicht gleichermaßen auf jedes Kind oder jeden Jugendlichen anwenden. Die BO entwickelt sich bei jedem Betroffenen recht unterschiedlich und viele Faktoren wie Längenwachstum, Gedeihen, Lungenentwicklung, Pubertät etc. müssen mit einbezogen werden. Dementsprechend muss für jeden Patienten eine individuelle Therapieoption gewählt werden, die auch im Verlauf immer wieder überprüft und ggf. verändert werden muss.
Die Therapie der Bronchiolitis obliterans beruht auf zwei Säulen. Dies ist zum einen eine bestmöglich unterstützende Therapie und zum anderen eine in erster Linie anti-entzündliche Therapie. All diese Therapieoptionen sollten individuell und nur in Absprache mit einem erfahrenen Kinderpneumologen besprochen und ausgewählt werden.
Als unterstützende Therapiemöglichkeiten werden folgende Maßnahmen empfohlen
1. Bronchienerweiternde Therapie
Durch die chronische Verengung der Atemwege kann die eingeatmete Luft nicht vollständig ausgeatmet werden. Auch wenn viele BO Patienten klassischerweise nicht spürbar positiv auf ein bronchienerweiterndes Medikament (Bronchodilatator) reagieren, sollte ein Therapieversuch in Erwägung gezogen werden, da sich bei manchen Patienten die Lungenfunktion verbessern kann. Typischerweise mit einem lang wirksamen Muscarin Rezeptor Antagonist (LAMA) wie Tiotropium (Spiriva).
2. Physiotherapie
Ziel der Physiotherapie ist es den Schleim in den Bronchien besser abzuhusten. Dies gelingt mit Hilfe der autogenen Drainage oder dem „Flutter“. Der “Flutter” ist ein kleines pfeifenähnliches Gerät, das zu einer gezielten Vibration der Atemwege führt, so dass der Patient den Schleim besser abhusten kann. Gleichzeitig kommt es durch gezielte Atemübungen zu einer Verbesserung der Atemmuskelkraft und der Atemkoordination und Verbesserung der Belüftungsverhältnisse.
3. Inhalationstherapie
Ziel einer Inhalationstherapie mit hypertoner Kochsalzlösung ist die bedarfsabhängige Förderung und Mobilisierung des Sekretabflusses, um dieses leichter abzuhusten.
4. Ernährungsberatung
Ziel der Ernährungsberatung ist es, über eine ausgewogene Ernährung und eine ausreichende Kalorienzufuhr im Rahmen der erhöhten Atemarbeit zu informieren. Eine ausgewogene Ernährung ist für Lungenkranke besonders wichtig, da Fehl- und Mangelernährung zu vermehrten Atemwegsinfekten führen können und die Lungenfunktion negativ beeinträchtigen. Auch ein gutes Körpergewicht ist wichtig, da Übergewicht Atemprobleme verstärken und Untergewicht die Atemmuskulatur schwächen kann.
5. Impfungen
Hintergrund für eine Impfempfehlung der STIKO gegen Influenza und Pneumokokken für Patienten mit chronischen Lungenerkrankungen ist die individuelle Risikominimierung und somit die Verhinderung einer Erkrankung mit Influenza oder invasiven Pneumokokken.
6. Rehabilitation
Spezielle mehrdimensionale und interdisziplinäre Rehabilitationsmaßnahmen bei Patienten mit chronischen Atemwegserkrankungen haben einen sehr positiven Effekt über die kurative Versorgung hinaus. Eine regelmäßige körperliche Bewegung steigert die Leistungsfähigkeit und Lebensqualität.
7. Schädliche Noxe
Luftverschmutzung und insbesondere Zigarettenrauch sowie Shisharauch haben einen schädigenden Einfluss auf die Lunge und sollten vermieden werden. Nikotinkonsum ist komplett zu meiden. Aktiv für Jugendliche aber auch passiv für alle Familienangehörigen.
8. Sauerstoff
In den sehr seltenen Fällen einer schweren, fortgeschrittenen BO kann eine Sauerstofftherapie erforderlich werden, um den chronischen Sauerstoffmangel im Blut zu kompensieren.
Als anti-entzündliche Therapie stehen folgende medikamentöse Optionen zur Verfügung:
1. Kortikosteroide
Abhängig vom klinischen Verlauf und insbesondere im Rahmen einer akuten Verschlechterung kann eine Therapie mit Kortikosteroiden (Stosstherapie über 3 Tage als Infusion) indiziert sein. Um gravierende Nebenwirkungen wie z.B. Knochenbrüche oder schwere Infektionen bestmöglich zu vermeiden, empfiehlt es sich, Kortikosteroide in Zyklen, sogenannten „Pulsen“, zu verordnen anstatt sie über einen längeren Zeitraum täglich einzunehmen. Erfahrungsberichte weisen darauf hin, dass die zusätzliche Gabe von Immunglobulinen die Infektanfälligkeit reduziert.
2. Azithromycin
Auch wenn der genaue Wirkmechanismus noch weitestgehend unbekannt ist, hat sich gezeigt, dass das Antibiotikum Azithromycin im Rahmen der BO und auch anderer chronischer Lungenerkrankungen einen positiven, wohl anti-entzündlichen, Effekt aufweist. Dabei hat sich als sehr gut verträgliche Langzeit-Behandlung die dreimalige Gabe pro Woche bewährt.
3. Fluticasone, Azithromycin und Montelukast (FAM)
Bei einer zunehmend eingeschränkten Lungenfunktion hat sich die Kombinationstherapie mit inhalativem Fluticasone sowie oralem Azithromycin und Montelukast (FAM) positiv bewährt. Diese Therapie ist sicher und wird gut toleriert.
Neue wissenschaftliche Projekte sind dabei, potentielle zukünftige Therapieoptionen zu erforschen. All diese neuen Therapieformen sind noch in der Anfangsphase ihrer Entwicklung und sehr komplex. Um deren Nutzen und Risiko für die betroffenen Patienten zu eruieren, sind aber noch weitere präklinische und klinische Studien notwendig.